Dienstag, 25. August 2009

La Paloma quien es rubia y juega la Bomba del Tiempo

(die Taube, die blond ist und Bomba del Tiempo spielt)
>> der Versuch, die Themen dieses Blogs in einer Überschrift zusammenzufassen <<

Buenas Noches todos!
Jetzt melde ich mich mal wieder, um zu berichten, wie es mir in der letzten Zeit so ergangen ist.
Seit anderthalb Wochen arbeite ich nun in meinem Projekt und kann sagen, dass es mir bis jetzt wirklich gut gefällt. Gleich am ersten Tag wurde ich von allen Mitarbeitern nett begrüßt und befragt, wie es mir bis jetzt in Argentinien ergangen sei. Auch die Kinder waren wahnsinnig neugierig, wer ich bin und wo ich herkomme. Ich kann ja mal erzählen, was "La Paloma" genau ist und wie ein gewöhnlicher Tag im Projekt so abläuft:
La Paloma ist ein Sozialprojekt der IERP (sozusagen die Vereinigung aller evangelischen Kirchen am Rio de la Plata >> meine Organisation hier vor Ort), welches sich in San Justo / La Mantanza, also ca. ne Stunde Busfahrt von Flores entfernt, befindet. Nach der Schule können die Kinder aus den umliegenden Barrios, die fast alle aus armen Familien stammen, ins Projekt kommen. Um 13 Uhr gibt es Mittagessen, das von der projekteigenen Köchin zubereitet wurde. Toll ist, dass das Essen, im Vergleich zur sonst üblichen Ernährung der Kinder, sehr gesund ist. Es gibt fast immer Reis, Nudeln oder Kartoffeln mit n bisschen Gemüse und Fleisch. Nach dem Mittagessen müssen alle Kinder sich die Zähne putzen und duschen. Es ist immer ein Sapß mit anzusehen, wie es doch irgendwie jedes Kind schafft, sich in dem ganzen Chaos etwas Zahnpasta, Shampoo und neue Kleidung zu ergattern. Wenn dann um halb drei irgendwann die Schlacht im Bad mit allen geschlagen wurde, ist Zeit mit den Kindern in ihren jeweiligen Gruppen zu spielen. Insgesamt gibt es in La Paloma drei Gruppen: die kleinen Kinder (ca. alle 5 bis 8-jährigen), die großen Kinder (9 bis 12 Jahre) und die Jugendlichen (ab 13 bis ungefähr 18/19 Jahre). In jeder Gruppe sind zwischen 10 und 12 Kinder, die von jeweils zwei Mitarbeitern betreut werden.Während die Kleinen vorrangig spielen, malen oder raufen, wird mit den Großen häufig auch schon inhaltlich zu irgendeinem Thema gearbeitet. Seit einigen Tagen lautet das Thema zB "la bicicletta", das Fahrrad, da in zwei Wochen eine Fahrradtour geplant ist. Heute wurde dann anhand eines Quizes, bei dem man mit Dartpfeilen die Fragen erwerfen musste, die Geschichte des Fahrrads erarbeitet.


So um und bei 16 Uhr ist die Spielphase dann vorbei und alle Gruppen treffen sich zur Merienda im Speisesaal wieder. Als "Merienda" wird hier das Kaffeetrinken bezeichnet, das für die Kinder aus Kakao und für die Erwachsenen aus (klar, was sonst?) Mate besteht. Dazu gibt es dann noch ganz viele süße Kekse, wobei ich immer wieder überrascht bin, was für eine Schweinerei die Kinder aus so n paar Keksen und Kakao veranstalten können. Nachdem dann alles wieder aufgeräumt wurde, neigt sich der Tag dem Ende. Meistens wird noch ein Spiel gespielt oder eine Geschichte vorgelesen, bevor die Kinder ihr Busgeld für den nächsten Tag bekommen und anschließend nach Hause fahren.
Insgesamt herrscht eine sehr liebevolle und friedliche Atmosphäre, was vor allem den Mitarbeitern zu verdanken ist, die sich trotz der ganzen Kinder und des mit ihnen verbundenen Chaos' nicht aus der Ruhe bringen lassen. Richtigen Stress habe ich bis jetzt noch nicht erlebt.
Bisher habe ich den Eindruck gewonnen, dass das Projekt hauptsächlich all das aufzufangen versucht, was in den Elternhäusern der Kinder falsch läuft bzw. gar nicht erst stattfindet. Sowohl praktische Dinge, wie Essen und Zähneputzen als auch "emotionale" Dinge wie Zuwendung, Kuscheln und Spielen.
Ich laufe bis jetzt einfach so mit, gucke mir die Tagesabläufe an, helfe hier und da, lerne die Kinder kennen und versuche so viel wie möglich zu verstehen. In ein paar Wochen werde ich dann gemeinsam mit der Chefin entscheiden, in welcher Gruppe ich aktiv mitarbeiten werde. Bis dahin genieße ich noch den Sonderstatus als neue Voluntärin, die sich erst eingewöhnen muss ;) Also insgesamt gefällt mir das Projekt wirklich gut, die Kinder sind super und auch mit den Mitarbeitern komme ich gut klar. Allerdings merke ich schon, dass ich noch lange nicht so in das Projekt integriert bin wie meine Vorgängerin, mit der ich natürlich sehr oft verglichen werde. Da brauche ich einfach noch Zeit, bis ich so meinen Platz gefunden habe... Aber das ist ok, ich bin ganz optimistisch.

Des Weiteren mache ich immer öfter die Erfahrung, dass es Vor- UND Nachteile hat als blondes, blauäugiges Mädchen in Argentinien zu leben.
Vorteile: Ich war bis jetzt 4x in der Boliche (Disco) und habe noch nciht ein mal Eintritt bezahlt, sondern wurde von den Türstehern immer einfach so durchgewunken. Auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln kommt mir mein europäisches Aussehen zugute. Egal wie voll es ist, es wird einem meistens ein Sitzplatz angeboten. Sehr bequem so etwas... Die Argentinier können halt auch Gentlemen sein, wenn sie wollen.
Nachteile: Man fällt halt immer als Fremde auf und wird auch dementsprechend gemustert/angestarrt. Außerdem lassen die Anmachen meist nciht lange auf sich warten. Ich muss beispielsweise immer wenn ich ins Projekt fahre an so einer Landstraße aussteigen, wo sehr viele Lastwagen und LKWs fahren. Dabei ist es mir bis jetzt jeden Tag (!) passiert, dass irgendwelche LKWs mich anhupen und die Fahrer sich aus dem Fenster lehnen, mich anglotzen und manchmal auch noch so n Schwachsinn wie "He Rubia! Quieres llegas?" (Hej Blondie, willste einsteigen?)
Auch die Kinder fummeln mir die ganze Zeit in den Haaren rum und fragen, ob ich gefärbte Kontaktlinsen trage oder ob das meine echte Augenfarbe sei und ob in Deutschland alle so groß sind wie ich. Immer wenn ich dann erzähle, dass mein Bruder, Vater und Onkel fast alle 2m groß sind, kriegen sie dann ganz große Augen und können es gar nciht so richtig glauben.
Naja, ich bin gespannt, wann ich mich an dieses "anders aussehen" gewöhnt haben werde. Im Moment ist es noch sehr ungewohnt und teilweise eben auch lästig für mich...


Tjaaa... was ist sonst noch so passiert? Ach ja, am Wochenende hat Matheo, ein anderer Voluntär, seinen Geburtstag gefeiert. Dazu haben sich alle Voluntäre, die noch im Großraum BsAs wohnen und Zeit hatten in seiner WG in Quilmes getroffen. Es wurde gegrillt (köstliches Grillfleisch!), getrunken, geschanckt und anschließend noch in der Boliche gefeiert. Fotos davon gibt es in meinem neuen Fotoalbum zu sehen.


Gestern abend war ich mit Jonas (meinem Mitbewohner) und zwei weiteren Freundinnen auf einem Konzert von "Bomba del Tiempo", einer mehrköpfigen Murgatruppe. Das Konzert fand in so einem großen, alternativ angehauchten Kulturkomplex statt - ein bisschen wie "die Pumpe" in Kiel. Überall Graffitis, junge Leute und eine über allem schwebende Graswolke. Das Konzert war auf jeden Fall meeeega fett !! Ist schon cool, wenn so zwölf Leute mit voll Karacho auf ihre Trommeln einschlagen und das Publikum dazu so abgeht, als handle es sich um Hardcore Rock...


Des Weiteren habe ich endlich daran gedacht, meine erste eigene Mate zu fotografieren, die jetzt schon ihren perfekten Patz in unserem Küchenregal gefunden hat - gleich neben der CampusSuite-Tasse (vielen Dank an dieser Stelle noch mal an Sönke, Tini und Moana - sie begleitet mich und meinen Tee jeden Morgen !).



Außerdem war ich vorhin mit Simon in so einer Art Möbel-Outletstore und habe mir eine Kommode für mein Zimmer besorgt, die ich auch gleich mal mitfotografiert habe. Das Ding ist zwar sehr spartansich zusammengezimmert, hat dafür aber auch nur 119 Peso gekostet (also ca. 22 Euro). Die Investition lohnt sich für ein Jahr, dachte ich mir. Jaja, so langsam richte ich mir mein Reich immer mehr so ein, dass es mir gefällt...

Ach noch eine Info für alle, die versuchen mich zu erreichen: Ich habe seit einigen Wochen ein argentinisches Handy. Die Nummer ist bei meinen Eltern oder bei Stine zu erfragen. Das deutsche Handy hab ich ausgeschaltet und gucke nur ab und zu mal nach. Ansonsten könnt ihr mich ziemlich locker über Skype, Facebook oder StudiVZ kontaktieren. Ich freue mich über alle Nachrichten aus der Heimat!

So, es ist zwar noch viel mehr passiert, wovon ich gerne berichten würde, aber meine schriftstellerische Kreativität ist für's Erste mal wieder erschöpft.
RESPEKT übrigens an all die Leute, die sich wirklich immer noch die Mühe machen, meine Einträge zu lesen. Es freut einen, zu wissen, dass es doch so viele Menschen gibt, die sich für das, was ich hier gerade alles erlebe interessieren!
Für die, denen es zu lange Texte sind: Guckt euch die Bilder an, die vermitteln auch schon n ganz guten Eindruck von allem ;)
In diesem Sinne:
Ciao y un beso
eure Merle

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