Donnerstag, 10. Dezember 2009

Adventsstimmung bei 25° aufwärts

So, diesmal keine lange Einleitung, sondern einfach erzählen, was die letzten Wochen so los war.

Am 30. November haben wir mit den "Chiguaguas", so nennt sich die Kindergruppe der 5 bis 9-jährigen in La Paloma, einen Día de Convivencia gemacht (wörtlich übersetzt so viel wie "Tag des Zusammenlebens"). Die Kinder kamen wie üblich ins Projekt, gingen nur dann nicht um fünf nach Hause, sondern blieben in La Paloma, um dort die Nacht zu verbringen. Nachmittags haben wir gemeinsam einen Ausflug zur Plaza des Nachbarortes Moron gemacht, um den dortigen Spielplatz inklusive Karussel zu nutzen... Mir scheint, da sind Kinder auf der ganzen Welt gleich: Sie finden's super, wenn man sie auf ein sich drehendes Gefährt setzt, sie vom Rand aus bejubelt und mit ihnen um die Wette rennt. Sobald wir nach dem Spielplatzabenteuer wieder nach La Paloma zurückgekehrt waren, begann auch schon das von den Educadores aufwändig vorbereitete Abendprogramm. Zuerst wurden eine Art kleine "Lagerolympiade" veranstaltet, bei denen die Kinder in mehreren Disziplinen (zB Plastikfische im Pool angeln) gegen uns Betreuer, die wir uns den furchteinflößenden Namen "Rotweiler" gegeben haben (als Pendant zum Gruppennamen der Kinder "Chiguaguas"), antreten mussten. Selbstverständlich haben die Rotweiler kläglich verloren ;) Als Preis gewannen die Kinder lauter kleine Taschenlampen, mit denen sie dann eine Schatzsuche durch das mitlerweile erdunkelte Projektgelände bestreiten sollten. Bis auf die vorher nicht berücksichtigte Tatsache, dass nur lediglich zwei von elf Kindern wirklich fit im Lesen und Schreiben sind und somit ihren Mitspielern im Lesen der Botschften immer eine nasenlänge voraus waren, klappte auch die sehr gut. Zum Abschluss des Abends wurde dann erst geduscht und Zähne geputzt, bevor die Kinder noch ein Eis essen (ja, so ist Argentinien... essen kann man immer, auch wenn man gerade erst Zähne geputzt hat!) und einen Film gucken durften. Da die Mehrheit der Kinder vom vollen Tagesprogramm ziemlich geschafft war, sind über die Hälfte bereits vor dem Fernseher eingeschlafen, sodass wir sie hinterher einzelnd in die Schlafräume tragen mussten. Das war ein sehr schöner Moment, als die großen Kinder, die durchgehalten hatten und noch wach waren, ganz behutsam mithalfen ihre Freunde und kleinen Geschwister in die Wolldecken zu betten und sie dabei bloß nicht aufzuwecken. Plötzlich liefen alle auf Zehenspitzen und unterhielten sich nur noch im Flüsterton, der sonst immer so laute und wuselige Ort La Paloma wurde auf einmal leise und still... Am nächsten Morgen frühstückten wir dann noch gemeinsam in der aufgehenden Sonne und anschließend verabschiedeten wir die Kinder nach Hause. Insgesamt fand ich den Día de Convivencia eine anstrengende, aber sehr schöne Aktion. Die Kinder hatten viel Spaß und haben eindrucksvoll bewiesen, dass sie sich, wenn sie wollen, gut miteinander vertragen und benehmen können, sodass dem Campamento (eine Art Ferienlager) nichts im Wege steht. Es war eben auch ein bisschen Sinn und Zweck dieser Übernachtung, mit den Kindern das gemeinsame Übernachten und Zusammenleben zu üben, da wir in einer Woche mit allen Kindern nach Baradero auf's Campamento fahren...
Um dafür noch ein bisschen Geld zu verdienen, haben wir Anfang Dezember das erste mal eine Peña veranstaltet. Eine Peña ist eine Art Dinnerabend, an dem Freunde, Bekannte und Angehörige des Projekts eingeladen werden und an dem in lockerer Atmosphäre ein bisschen Unterhaltungsprogramm geboten wird. Auf jeden Fall war es ein sehr schöner, beschaulicher Abend, den wir da auf die Beine gestellt haben. Es wurden Fotos aus den Aktivitäten des letzten Jahres gezeigt, eine Folkloregruppe hat gespielt und die Jugendlichen haben selbstgemachte Empanadas (typisch argentinische Speise: mit Fleisch gefüllte Teigtaschen) serviert. Überhaupt war es ganz toll, die sonst so vorlauten und frechen Jugendlichen an dem Abend zu sehen. Sobald die Gäste ankamen, waren sie wie ausgewechselt: höflich, zuvorkommend und ganz eifrig bei der Sache. Insgesamt hat sich die Peña auf jeden Fall gelohnt. Wir haben jetzt genug Geld, um ein schönes und entspanntes Campamento mit den Kindern machen zu können :-)
Des Weiteren habe ich am ersten Dezember meinen Adventsklender in La Paloma eröffnet. Zuerst habe ich erklärt, was ein Adventskalender überhaupt ist: dass man jeden Tag im Dezember ein Päckchen abschneiden darf, um die Tage bis Weihnachten zu zählen und dass in Deutschland fast alle Kinder so einen Adventskalender bekommen. Nachdem sie dann das Procedere verstanden hatten, durften sie das erste Päckchen öffnen, in dem sich die Ausstechförmchen von mir zu Hause und das Keksrezept meiner Oma befanden. Den Tag habe ich dann mit den Kindern in der Panaderia, der Bäckerei von La Paloma, verbracht, wo wir alle zusammen Weihnachtskekese gebacken haben. Zum Glück hatte ich den Teig schon vorbereitet, sodass die Kinder eigentlich nur noch die Kekse auszustechen und sie hinterher mit Zuckerguss und Schokolade zu bestreichen brauchten. Zwar sah die Panaderia hinterher aus ein Saustall und wir mussten über eine Stunde lang sauber machen, aber die Kekse schmeckten köstlich. Insgesamt also ein voller Erfolg, auch wenn der Tag für mich ziemlich komisch war, da am selben Tag die diesjährige Poolsaison im Projekt eröffnet wurde. Eigentlich sollte der Pool schon Anfang November wieder nutzbar sein, doch da die Jugendlichen die Aufgabe hatten, den Pool zu reinigen, zu schleifen und neu zu streichen, diese Aufgabe allerdings anfangs nicht so ernst genommen haben, zog sich die Vorbereitung also bis Anfang Dezember. Das ist eben auch Teil der Erziehung von La Paloma: Wenn man etwas will, muss man es selber machen und sich drum kümmern! So kam es also das wir am 1.Dezember erst Weihnachtskekse gebacken haben und hinterher in den Pool gehüpft sind - krasses Kontrastprogram! Jedenfalls für mich... die Argentinier im Allgmeinen lassen sich auch trotz drückender Hitze und Temperturen jenseits der 20°C nicht in ihrer vorweihnachtlichen Stimmung trüben. Die Einkaufsstraßen werden geradezu überflutet mit quietschbunte Plastikbäumchen, dudelnde Retirfiguren und blinkende Lichterketten. Manchmal vermisse ich da den Moment des heißen Glühweintrinkens auf dem Weihnachtsmarkt beim üblichen Kieler Schmuddelwetter.
Neulich waren wir beim Konzert von Manu Chao (für die, denen der Name nix sagt: ein ziemlich cooler, international bekannter Reggaemusiker). Das Konzert war auf jeden Fall zeimlich fett, mega viele Leute, die alle in einer mehr oder minder großen Wolke schwebten. Manu Chao hat auch eigentlich in einem Zug alle seine Songs durchgespielt, ohne zwischendurch große Moderationspausen oder sonstiges zu machen. Der Abend glich eher einer ewigen Jamsession zwischen ihm und seiner Band. Kurz vor Ende des Konzertes kam eine Indianerin auf die Bühne, die eine mehr oder weniger emotionale Ansprache hielt und zum Einsatz für den Erhalt der Gebiete der indigenen Völker im Norden des Landes aufrief. Ziemlich beeindruckender Auftritt auf jeden Fall... Leider habe ich keine Fotos von dem Konzert, da sich nach den Erfahrungen des Tote Hosen-Konzerts keiner getraut hat, eine Kamera mitzunehmen.

Da der letzte Dienstag hier in Argentinien ein Feiertag war, habe ich die Gelegenheit genutzt, mir den Montag freizunehmen und so ein langes Wochenende (4 Tage) mit anderen Voluntären in Mar del Plata, einem Badeort an der argentinischen Küste, etwa 6 Stunden Busfahrt südlich von Buenos Aires, zu verbringen. Leider ging das Wochenende für mich eher unschön los. Am Samstagmorgen wollten wir um 9 Uhr den Bus nach Mar del Plata nehmen, das hieß, dass ich um halb 7 hätte aufstehen müssen, umnoch die letzten Sachen zu packen und dann zur Busstation nach Quilmes zu fahren. Da ich allerdings vom Abend vorher, an dem die Peña in La Paloma stattgefunden hatte, noch so müde war, habe ich volle Kanne verschlafen!! Unter größter Panik bin ich um 8.15 Uhr, noch im Schlafanzug, ins Taxi gestiegen, hab dem Taxifahrer im Kommandoton den Ernst der Lage erklärt und ihn gebeten doch bitte ordentlich auf die Tube zu drücken, was der Gute auch gemacht hat. Hinzu kam, dass ich auch ncoh die Tickets für Lisa und Laura, zwei andere Voluntärinnen, hatte, sodass im schlimmsten Falle nicht nur ich, sondern auch die Mädels den Bus verpasst hätten. Naja, zum Glück kam das Taxi noch rechtzeitig an der Busstation in Quilmes an, sodass ich nciht zu spät kam. Im Gegenteil: Der Bus hatte schlussendlich sogar ne halbe Stunde Verspätung... Wir sind halt in Argentinien!
In Mar del Plata angekommen, ging es für mich leider nicht viel besser weiter, da ich seit langem mal wieder von einer schönen, dicken Migräneattacke geplagt wurde und die ersten anderthalb Tage quasi erst mal nur im Bett verbrachte. Naja, war aber schlussendlich gar nicht sooo schlimm da das Wetter anfangs sowieso eher trüb und grau war. Gewohnt haben wir übrigens in einer Ferienwohnung von Bekannten von Fenjas Gastfamilie, die uns ihr Apartement über das Wochenende für kleines Geld vermietet hatten. Zwar war es mit 6 Leuten in der eigentlich für max. 4 Personen ausgelegten Wohnung etwas eng, dafür lag sie direkt im Stadtzentrum, weshalb wir uns sowieso nciht viel drinnen aufhielten, sondern meistens unterwegs waren. Wir haben uns die klassischen Sehenswürdigkeiten von Mar del Plata angeguckt (Seelöwen im Hafen, Strandpromenade usw....), haben die Sonne am Strand genossen, waren feiern und haben die dort lebenden Voluntäre besucht. Einen Abend sind wir sogar ins Casino gegangen. Eine sehr lustige Erfahrung war das - überall rauchende Menschen in schicken oder weniger schicken Klamotten, die ihr großes Geld verzocken. Von uns hat Lisa am meisten abgeräumt. Die Gute hat einfach mal 2 Peso (ca. 40cent) in so nen bunten Automaten geworfen, ein mal den Knopf gedrückt und zack: 150 Peso gewonnen (immerhin fast 30€) !! Ich bin am Ende immerhin nicht mit einem Minus, sondern einem Plus von 15 Peso (ca. 3€) rausgegangen. Fazit meines ersten Casinobesuches: Casino ist ein Ort des großes Geldes, an dem man nicht unbedingt die Spiele verstehen muss - man kann auch einfach so was gewinnen! Trotzdem glaube ich, dass ich irgendwann gerne noch mal mit meinem Papa ins Casino gehen würde, damit mir mal jemand die ganzen Regeln am Roulettet, Black Jack und Poker erklärt.
Die letzten beiden Tage haben wir eigentlich nur am Strand gechillt und haben schöne Fotos mit roten Weihnachtsmützen am Strand geschossen, um die Daheimgebliebenen neidisch zu machen (hehe ;)Zwar leide ich gerade unter dem größten Sonnenbrand meines Lebens, aber noch rede ich mir erfolgreich ein, dss das ja alles bald von rot zu braun wird. Alles in allem gefiel mir Mar del Plata schon ziemlich gut, auch wenn es ein typischer Touriort an der Küste ist. Es gab ziemlich viele Hotels, Hochhäuser, Restaurants und Nachtclubs, aber dafür auf der anderen Seite auch wunderschöne Strände mit tollen Wellen zum Surfen.

Auf den letzten Metern des Jahres 2009 stehen jetzt noch ziemlich viele Dinge in meinem Terminkalender. Besonders in La Paloma gibt es in den nächsten zwei Wochen noch ziemlich viel zu tun: Jahresabschlussfest, Campamento, Mitarbeiterfeier usw... viel Stress, aber ich freu mich drauf. Und am 23. Dezember gehts dann schon ab ins Flussdelta Tigre, wo ich mit den anderen zusammen die Weihnachtsfeiertage verbringen werde.
Ich hoffe, ich schaffe es noch, irgendwann in diesem Jahr noch einen weiteren Eintrag zu schreiben, bevor ich mich auf meine große Rucksacktour durch Südamerika begebe.
Eine schöne Adventszeit und ein friedliches Weihnachtsfest wünscht euch
eure Merle

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen