Lang lang ist's her, dass ich gebloggt habe. Daher wird es mal wieder Zeit, von den schönen Seiten meinen argentinischen Lebens hier zu berichten.
Mittlerweile sind meine Tage gezählt, in zwei Monaten sitze ich schon wieder im Flieger richtung Heimat. Daher versuche, die letzten Wochen hier umso intensiver zu erleben und dabei wird mir so langsam bewusst, was ich in Deutschland alles vermissen werde. Angefangen bei ganz alltäglichen Situationen auf der Straße...
Neulich war ich zum Beispiel mit einer Freundin auf der Feria in Mataderos unterwegs, als sich mir auf einmal ein kleiner, korpulenter Herr höheren Alters in den Weg stellte. Da er aus irgendeinem Grund nicht sprechen konnte, kommunizierte er in Zeichensprache. Er zeigte zuerst auf meine Augen, griff sich dann theatralisch ans Herz und täuschte einen Herzinfarkt vor... Danach gab er mir die Hand, drehte sich um und ging wieder. Ich glaube, so ein schönes Kompliment habe ich lange nicht bekommen :)
Eine andere, durchaus typische Situation unseres WG-Lebens ereignete sich vergangenes Wochenende. Als Simon zufällig eine Jeans von Jonas, die über einem Stuhl hing, hoch hob, kullerte aus Jonas' Hosentasche mein seit langem vermisster Labellolippenstift (aus Deutschland! daher so heiß begehrt) hervor... Als ich Jonas dann etwas zerknirscht, fragend anguckte, war sein Kommentar nur: "Dies ist einer der Momente, in denen man am liebsten im Boden versinken würde!"


An einem anderen Tag beobachtete ich, wie die kleine Moni irgendetwas kaute, während sie gerade mit den anderen Kindern Ticker spielte. Als ich sie fragte, was sie denn da im Mund hatte, spuckte sie auf einmal ein Puzzleteil aus. Da holte ich mir die Kleine auf den Schoß und erklärte ihr, dass so etwas nicht geht. Sie wisse doch schließlich, dass man Puzzleteile nicht essen kann und dass man sich nicht einfach Dinge in den Mund steckt. Sie sei ja schließlich kein Baby mehr, außerdem fehle dem Puzzle jetzt ein Teil. Während ich so mit ihr redete, füllten sich ihre Augen mit Tränen und sie konnte mir vor lauter schlechtem Gewissen gar nicht mehr ins Gesicht gucken. Das zerriss mir in dem Moment echt fast das Herz!


Noch in derselben Woche, habe ich eine Kollegin zu Hause besucht. Da sie und ihr Mann gerade ihr erstes Kind erwarten, sind sie zur Zeit fleißig am Zimmer renovieren, was sie mir gerne zeigen wollte. Der Besuch in ihrem Häuschen war irgendwie beeindruckend für mich. Eine ganz süße, kleine Casita auf nur einer Etage mit insgesamt 3 Zimmern. Alles war sehr sauber und liebevoll eingerichtet... echt schön und gemütlich! Auf dem Nachhauseweg verglich ich allerdings die Wohnsituation meiner Kollegin und ihrer Familie, die ich als typische argentinische Mittelschicht bezeichnen würde, mit der Wohnsituation in der ich groß geworden bin... Wir als 4-köpfige "Mittelstandsfamilie" aus Deutschland hatten ein 4-stöckiges Reihenhaus, Garten, Auto, Fahrräder usw... Meine Kollegin hat dagegen dieses Jahr auf ihren Sommerurlaub verzichten müssen, um das vielleicht 10m² große Kinderzimmer renovieren zu können.
So, das war's für's erste. Kommendes Wochenende fahre ich für drei Tage mit ein paar Mädels nach Córdoba, die zweitgrößte Stadt Argentiniens. Danach berichte ich wieder neu.
Liebste Grüße aus dem herbstlichen Buenos Aires,
eure Merle
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