Montag, 9. August 2010

La Paloma - tu lugar!

Kurz vor meinem Rückflug wurde ich gebeten, einen Einleitungstext für die Homepage des Freiwilligenprogramms der IERP zu schreiben. Da ich auf diesen anderthalb Seiten relativ abschließend beschreibe, was La Paloma genau ist und wie ich meinen Freiwilligendienst dort in Argentinien erlebt habe, halte ich es für sinnvoll und angebracht, meinen Blog mit diesem Text zu beenden.
GRACIAS POR TODO !!!

„La Paloma- tu lugar! La Paloma- tu lugar!“
(deutsch: La Paloma – dein Ort!“)

Dieser Satz ist Schlachtruf, Lebensgefühl, Einladung und Appell zugleich.
Die Kinder von La Paloma stehen am Spielfeldrand, rufen ihn aus Leibeskräften, klatschen dazu rhythmisch in die Hände und feuern so ihre Freunde an, die gerade auf dem Fußballplatz die Ehre der Mannschaft verteidigen.

In dem Kinder-und Jugend-Tageszentrum „La Paloma“, das sich in San Justo/La Matanza befindet, werden Kinder aus armen und schwierigen sozialen Verhältnissen betreut. Dort leiste ich, vom Nordelbischen Missionszentrum in Hamburg entsandt, seit August 2009 meinen Freiwilligendienst. Wenn ich gefragt werde, was wir denn dort genau arbeiten, antworte ich immer: „Es wird versucht, den Kindern das zu geben, was ihnen zu Hause fehlt.“ Das können praktische Sachen sein, wie z.B. Essen, Zähneputzen, Kleidung oder auch Dinge wie ein offenes Ohr, eine Umarmung, Zeit und Aufmerksamkeit. Der fest etablierten Tagesablauf im Projekt – essen, duschen, spielen, aufräumen – bringt Struktur in das sonst meist von Chaos und Unstetigkeit geprägte Leben der Kinder. La Paloma bietet ihnen einen Ort frei von Gewalt, an dem sie ihre Grenzen austesten und sich entwickeln können. Ein Ort voller Gemeinschaft, Kreativität, Streitereien und Versöhnung, der alle Beteiligten, sowohl Kinder, Jugendliche als auch Mitarbeiter, jeden Tag auf's Neue die Werte des friedlichen Zusammenlebens lehrt.
Auch ich habe mich während meines Freiwilligendienstes in La Paloma weiterentwickelt. Angefangen damit, dass ich mir erst einmal meinen Platz, meine Aufgaben und vor allen Dingen meinen Respekt im Projekt erarbeiten musste. Zeitweise brauchte ich wirklich ein dickes Fell, um z.B. den Späße der Jugendlichen auf Kosten meiner zu Beginn noch fehlenden Spanischkenntnisse oder den „Wir-testen-mal-die-Nerven-der-Deutschen“-Wasserschlachten im Badezimmer standhalten zu können. Irgendwann war dann aber die anfängliche „Probezeit“ beiderseits überstanden und ich begann, aktiv in den verschiedenen Gruppen von La Paloma mitzuarbeiten, Aktivitäten vorzubereiten und hier und dort auszuhelfen, wenn Not am Mann war. Durch die tägliche Arbeit und den regelmäßigen Austausch mit meinen Kollegen habe ich in dem Jahr, besonders auf pädagogischer, zwischenmenschlicher Ebene, viel gelernt. Mein Geduldsfaden ist um einige Meter gewachsen, mittlerweile kann ich bei aufkommender Langeweile spontan 'n Spielchen aus dem Hut zaubern und ohne Schwierigkeiten die Gemütslage einiger Kinder aus der Ferne anhand ihrer Gangart erkennen.

Außerdem habe ich gelernt, Dinge im größeren Zusammenhang zu sehen. Die Kinder von La Paloma und die mit ihnen verbundenen Geschichten, haben den Problemen, den Ungerechtigkeiten dieser Welt ein Gesicht gegeben. Sie zeigen mir, wo es an Entwicklung, an Geld, an Perspektiven fehlt... Doch sie zeigen mir auch jeden Tag, wie schön man die gemeinsame Zeit gestalten kann und dass ich meinen Platz bei ihnen gefunden habe. Encontré mi lugar!

Nun werde ich versuchen, meine hier gemachten Erfahrungen mit nach Deutschland zu nehmen. Da ich als Freiwillige ein Jahr lang für die Kinder wie eine Botschafterin aus einer anderen Welt war, sehe ich mich nun auch in der Pflicht, dieses Engagement in die andere Richtung hin auszuüben, sprich: all das was ich hier gesehen, gelernt und erlebt habe, als Botschafterin mit nach Deutschland zu bringen und soweit es möglich ist, auch bei meinen Mitmenschen dort ein Bewusstsein für die eine Welt, für den einen -unseren- Ort zu schaffen.

Wenn also die Kinder beim Fußball im Chor rufen: „La Paloma – tu lugar!“, dann feuern sie nicht nur ihre Kameraden auf dem Spielfeld an, nein, sie rufen das hinaus, was sie durch La Paloma gelernt haben, was La Paloma für sie bedeutet. Sie plädieren für ein gemeinsames und offenes Miteinander, für Solidarität und Freundschaft!

von Merle Sievers

Ende und Anfang (?)

So meine Lieben,
ich bin wieder in Deutschland, mein Jahr in Argentinien ist zu Ende, daher wird das heute der letzte Eintrag auf meinem Blog sein.
Dennoch gibt es noch einige Sachen zu berichten, die in den letzten Wochen passiert sind.
Angefangen mit meinem letzten Kurzurlaub in Argentinen, dem Trip nach Mendoza. Mit meiner argentinischen Freundin Mayra bin ich für 4 Tage in die kleine Stadt in den Anden geflogen. Wir haben verschiedene Weingüter besucht, Ausflüge in die Berge gemacht, standen mit unseren Füßen im Schnee und haben insgesamt einfach unsere letzte gemeinsame Zeit genossen. Daher fiel mir der Abscheid wenige Tage später von ihr auch besonders schwer, da wir uns gerade durch diese Reise zum Schluß noch mal richtig gut kennengelernt haben. Mayra hat mir auf der einen Seite geholfen, Buenos Aires besser kennenzulernen, auf der anderen Seite habe ich über sie viele andere Argentinier kennengelernt, die mir alle zusammen einen anderen Zugang zur argentinischen Bevölkerung ermöglicht haben. Daher war sie für mich eine wichtige Person in dem Jahr und ich danke ihr für ihre Freundschaft!
Sie hat mir zum Abschied einen Brief geschrieben, von dem sie wollte, dass ich ihn ins Deutsche übersetzte und hier publiziere. Zitat: "Ich möchte, dass deine Familie und deine Freunde in Deutschland wissen, wie ich dich hier erlebt habe und was für einen tollen Einfluss du hier gehabt hast." Gesagt, getan. Zwar ist die Übersetzung etwas holprig (auf Spanisch klingt das ganze natürlich viel schöner und runder!), aber hier ist Mayras Brief:

"Die Erfahrung, mit Merle gemeinsam Mendoza zu erkunden, werde ich nie vergessen. Nicht nur weil wir diese wunderschöne Provinz kennengelernt haben, sonder auch, weil wir die Gesellschaft der jeweils anderen sehr genossen haben. Auf der einen Seite haben wir die Schönheiten meines Landes gesehen, auf der anderen Seite hat Merle auch viele Geschichten aus Deutschland erzählt und so ein Stück deutsche Schönheit hierher gebracht.
Wir haben viele schöne, aber auch einige weniger erfreuliche Gefühle geteilt, wodurch aber beide an Stärke gewonnen haben.
Schlussendlich hatten wir jedoch das Glück, gemeinsam so viele denkwürdige Momente erlebt zu haben, dass ich sie mit Worten gar nicht vollends beschrieben könnte.
Ich schreibe diesen Text über meine Erfahrungen mit Merle, damit ihre Familie und ihre Freunde eine Idee davon bekommen können, welch einen positiven Einfluss sie in meinem Leben gehabt hat, seit ich sie im Oktober letzten Jahres kennengelernt habe. Aber eigentlich soll dieser Brief ihr gewidmet sein, damit sie nie vergisst, was für eine besondere Person sie ist. Sie hat ein so großes Herz, das alle verzaubert und die Menschen dazu bringt, ihr zu vertrauen. Sie ist ehrlich, optimistisch, voller Spaß und Lebensfreude.
Dies zu schreiben, macht mich sehr traurig, denn es erinnert mich daran, dass sie in wenigen Tagen in ihr Land zurückkehren wird, das von meinem so weit entfernt ist.
Nichtsdestotrotz danke ich Gott von ganzem Herzen dafür, dass unsere Wege sich gekreuzt haben.
Merle, vielen Dank, dass du meine Freundin bist. Du kannst immer auf mich zählen. Deine Freundin Mayra"


Nach dem Kurzurlaub in Mendoza begann die Zeit der Verabschiedungen. Eine Zeit, die für mich sehr schwierig war und mir viel abverlangt hat. Mir kam es vor als hätte es fast jeden Tag ein anderes "letztes Mal" gegeben. Die letzte Chorprobe, der letzte Schnack mit der Waschfrau, die letzte Pizza bei San José, der letzte WG-Abend, ein letztes mal beim
Bolivianer um die Ecke Gemüse kaufen, das letzte mal Party machen mit den anderen Voluntären usw. Es waren Abschiede von Personen, von Orten, von Gewohnheiten, von Sachen... und ein Abschied alleine wäre ja gar nicht so schlimm gewesen, aber in den letzten zwei Wochen kamen diese ganzen Abscheide natürlich alle auf einmal. Auf der einen Seite also eine sehr schöne, weil sehr intensive, von Aufmerksamkeit geprägte Zeit, auf der anderen Seite aber auch eine sehr anstrengende Zeit. Zwischendurch bin ich dann auch ein bisschen krank geworden, hab mich aber wieder schnell aufpeppeln lassen. Es lebe die Pharmazie!


Abschiedsfeier mit meinem Chor



Ein Tribut an die tollsten Mitbewohner und die beste WG von Welt!

Der mit Abstand schwierigste Abschied war natürlich der von La Paloma. Doch auch der ist einigermaßen gut über die Bühne gegangen. Eigentllich war es ein ganz normaler Tag, so wie immer... mit Mittagessen, Fußball spielen und normal geplanten Aktivitäten. Am Ende haben die Kinder mir dann zur Merienda einen Bilderrahmen geschenkt, in dem sie all das gemalt hatten, was sie mit mir verbinden bzw. Dinge, die ich immer mit den Kindern gemacht hab (zähneputzen, duschen, spielen, malen...) Ich hatte als Abschiedsgeschenk eine riesige Pinnwand verziert und mit den schönsten Fotos aus dem Jahr beklebt. Über diesen irgendwie ganz normalen und am Ende doch ein bisschen besonderen letzten Tag in La Paloma habe ich mich am meisten gefreut!

Nichtsdestotrotz vermisse ich La Paloma schon jetzt. Vorgestern hat eine meiner Kolleginnen ihr erstes Kind bekommen und ich weiß genau, wie jetzt alle wahnsinnig aufgeregt sind, sich Geschenke überlegen und dieses Ereignis irgendwie gemeinsam feiern. Da wäre ich schon gerne dabei!
Aber das geht nicht - noch nicht!
Jetzt bin ich erst mal wieder hier in Deutschland, bei meinen Freunden, meiner Familie, die mich alle so lieb empfangen haben.
Und was kommt jetzt? Tja, das weiß ich auch noch nicht sooo genau. Wenn alles klappt, möchte ich zum Sommersemester 2011 anfangen "Online-Redakteur/in" in Köln zu studieren. Bis dahin werde ich hoffentlich ein oder zwei Praktika in dem Bereich machen. Außerdem kellner ich wieder in meinem alten Café und verdiene so ein bisschen Geld, um vielleicht noch mal ein bisschen auf Deutschlandreise zu gehen und verscheidene Freunde in verschiedenen Städten zu besuchen. Ich kann jedoch nicht ganz verneinen, dass meine Gedanken im Moment noch ziemlich viel in Argentinen hängen, ich ständig den Vergleich zwischen den Ländern ziehe und mich daher noch etwas fremd im eigenen Land fühle. Mein Stimmungsbarometer schwankt ständig zwischen "geil", "komisch" und "einsam"... Naja, mal gucken, was die Zeit so mit sich bringt.

An dieser Stelle, möchte ich mich einmal bei allen bedanken, die es mir mit ermöglicht haben, diesen Freiwilligendienst zu machen. Ich habe in dem Jahr so viel kennenlernen dürfen, habe so viel gesehen und erlebt und nicht zuletzt unglaublich viel gelernt! Ich werde versuchen, das Engagement aus dem Jahr auch in Deutschland weiterzuführen, ich will in die Kieler Schulen gehen und von meinem Freiwilligendienst erzählen, ich will versuchen, weiter Spenden für La Paloma zu sammeln und nicht zuletzt wird mein eigenes Denken und Handeln fortan von meinen Erfahrungen aus Argentinien geprägt sein.
Irgendwann werde ich bestimmt noch mal zurückkehren in das Land, das mir so gut gefallen hat, zu den Leuten, die mich so nett aufgenommen haben und nicht zuletzt nach La Paloma, der Ort, der mir am meisten bedeutet hat in dem Jahr, der mir am meisten gegeben hat.

Letzte Woche habe ich meine Nachfolgerin, die neue Freiwillige für La Paloma, kennengelernt. Nächste Woche steigt sie ins Flugzeug, genauso aufgeregt und gespannt wie ich es damals war. So schließt sich der Kreis... Ich wünsche ihr alles Gute, ein dickes Fell und ein ebenso tolles Jahr, wie ich es erleben durfte!
Vielen Dank an alle, die hin und wieder mal meinen Blog gelesen und mich so ein stückweit in meinem Jahr begleitet haben. Es ist schön zu wissen, dass man sich die Mühe des Schreibens nicht nur für sich selbst gemacht hat, sondern es tatsächlich auch Menschen gab, die meine Einträge mit Freude gelesen haben, bzw. teilweise auch "nur" meine Bilder angeguckt haben. Über ein abschließendes Feedback würde ich mich sehr freuen, da ich bis heute schwer einschätzen kann wer/wie viele meinen Blog tatsächlich verfolgt haben. Schreibt mir doch einfach mal! merlesievers@web.de
Wenn jemand eine Idee hat, wo oder wie ich von meinem Jahr berichten könnte, darf er sich ebenfalls gerne bei mir melden. Ich bin dankbar für jede Möglichkeit!

Ich wünsche euch alles Gute für die Zukunft,
eure Merle

Donnerstag, 22. Juli 2010

die letzten Minuten...

Ich bin quasi schon auf dem Weg zum Flughafen. Die Berichte über die letzten Tage, die Abschiede usw kommen dann aus Deutschland... Die Zeit hat zum bloggen einfach nicht mehr gereicht.
Nos vemos pronto AMIGOS !! Ich freu mich !!

Sonntag, 11. Juli 2010

Ihr Lieben,
ich schreibe euch gerade aus Mendoza, wo ich ein langes Wochenende mit einer Freundin verbringe. Heute haben wir einen Ausflug ins Umland von Mendoza gemacht, rauf auf die Anden. Und ab einer gewissen Hoehe war es so a****kalt, dass Schnee lag und die Leute Wintersport betrieben. Ich hab mich gefuehlt, als befaende ich mich im Tiroler Hochland.
Dass ich in einem Jahr Argentinien noch mal Schnee zu sehen bekomme, haette ich auch nicht gedacht... und dann dazu die Vorstellung, in anderthalb Wochen im Hochsommer in Deutschland anzukommen! Das hat mich in dem Moment echt ueberfordert ;-)
Willkommen im Zeitalter der Globalisierung!

Dienstag, 6. Juli 2010

Fehlendes Recht auf Abtreibung in Argentinien

Ich möchte euch kurz auf zwei Artikel hinweisen, auf die ich im Rahmen uneres Voluntariadoprogramms aufmerksam geworden bin.
Rechts in der Rubrik "Leenswertes" findet ihr einmal einen Artikel über das nach wie vor fehlende Recht auf Abtreibung in Argentinien und die daraus restultierenden Folgen. Außerdem einen Artikel über den erschwerten Zugang zur Empfängnisverhütung für Frauen und die Gefahren, die dieses Problem mit sich bringt.
Als ich die beiden Artikel gelesen habe, war ich sehr betroffen, da sowohl viele der jugendlichen Mädchen von La Paloma als auch ihr Mütter sich genau diesen Problemen ausgesetzt sehen. Dieses Thema lässt mich mal wieder erkennen, in was für einer entwickelten, emanzipierten Gesellschaft wir in Deutschland leben und wie sehr es hier in Argentinien einfach noch an Entwicklung fehlt.
Hier die für mich krassesten Eckpunkte in Kurzform:

- Abtreibung ist illegal und wird mit bis zu 4 Jahren Gefägnis bestraft (Ausunahme nur bei Gefährdung des Lebens der Mutter oder der Vergewaltigung einer geistig verwirrten Frau)
- pro Jahr gibt es in Argentinien ca. 700.000 Geburten und 500.000 illegale Abtreibungen
- eine sichere Abtreibung kann eigentlich nur in den teuren Privatkrankenhäusern des Landes gewährleistet werden. Die Frauen, die sich das nicht leisten können, treiben unter gefährlichen, unprofessionellen und unhygienischen Bedingungen ab (zwei-Klassen-Medizin)
- manche Ärzte verzichten sogar absichtlich auf Betäubungsmittel und schaben den Frauen bei vollem Bewusstsein die Gebärmutter aus, da die Schmerzen der Frau quasi als Lehre dienen sollen
- viele Frauen haben mit erschwertem Zugang zu empfängnisverhütenden Mitteln, mit häuslicher Gewalt und der wirtschaftlichen Abhängigkeit gegenüber ihren Männern zu kämpfen
- sie können nicht frei entscheiden wann, in welchem Abstand und unter welchen Bedingungen sie Kinder bekommen möchten (Verstoß gegen die Menschenrechte!)
- wenn eine Frau sich sterilisieren lassen will, muss sie über 35 Jahre alt sein, mindestens 3 Kinder haben und ihr Ehemann muss im Beisein zweier Zeugen unterschreiben, dass er mit der Sterilisation seiner Ehefrau einverstanden ist
- exemplarischer Fall für den Kampf um das Recht auf Abtreibung: im Jahr 2002 wurde ein damals 17-jähriges Mädchen in Folge einer Vergewaltigung schwanger, sie verschwieg sowohl die Vergewaltigung als auch die Schwangerschaft, als sie 7 Monate später das Kind auf der elterlichen Toilette zur Welt brachte, stach sie inmitten eines psychotischen Anfalls auf das Neugeborene ein, das daraufhin wenig später verstarb. Dem Mädchen droht nun eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes, der Vergewaltiger hingegen war nach 23 Tagen Haft wieder auf freiem Fuß

Samstag, 26. Juni 2010

Ein Jahr Freiwilligendienst

Auf dem Abschlussseminar haben wir Voluntäre der IERP die besten Fotos aus unserem Jahr ausgetauscht. Einerseits um Bilder für einen Kalender auszusuchen, andererseits um auch einfach so zu zeigen, was wir in dem Jahr gemacht haben. Hier zeige ich euch nun die schönsten und stärksten Fotos aus einem Jahr Freiwilligenarbeit in allen Bereichen. Die Bilder sind wie ich finde sehr schön und geben einen guten und repräsentativen Einblick in Land, Leute und Kultur... SO sieht es hier aus, am Rio de la Plata!
Danke an alle Freiwilligen, die die Fotos gemacht haben.


Casa San Pablo, Großraum Buenos Aires

Casa San Pablo, Großraum Buenos Aires

Lagerfeuer, Uruguay

Gitarrenspieler, Florencio Varela (Großraum Buenos Aires)

Altenheim in Allen (Süden Argentiniens)

Obdachloser in Uruguay

Junge im Maisfeld, Baradero (nördlich von Buenos Aires)

Viehherde in Baradero, nördlich von Buenos Aires

El Sembrador, Ezeiza, Großraum Buenos Aires

Freiwilligenarbeit:Laura beim Kinderschminken, Angelleli (Florencio Varela, Großraum Buenos Aires)

Demonstration, Tucúman, Argentinien

Mate trinken, Barrio Borro (Montevideo, Uruguay)

Mädels von Arcángel Gabriel auf einer Feria beim Klamotten verkaufen, Buenos Aires

Urdinarhain, Argentinien

Junge mit Carro in der Villa Itatí, Großraum Buenos Aires

Villa Itatí, Schaukeln über'm Müll

Zwei Mädchen der Villa Itatí, Großraum Buenos Aires

Paraguay, das Land der roten Erde

Kinder in Paraguay

Chipa-Verkäufer (Hohenau, Südparaguay)

Hohenau, Familie vor neuem Haus (Süden Paraguays)

Fiesta Fiesta Fiesta

Meine Zeit hier geht zu Ende... Die letzten vier Wochen sind angebrochen. Irre, wie schnell das ging...
In den letzten Wochen ist wieder wahnsinnig viel passiert und dadurch, dass man das Gefühl hat, die Zeit rinne einem durch die Finger, erlebt man alle Ereignisse irgendwie noch intensiver, als sie sowieso schon sind. Nun denn: Die vergangenen Wochen waren sehr feierintensiv. Angefangen bei der WM:
Da wir in unserer WG keinen Fernseher haben, müssen wir wohl oder übel immer in unsere Lieblingskneipen hier in Flores gehen, um die Spiele zu gucken. Eines Morgens war ich dann also um 8.30 Uhr mit meinem Mitbewohner Simon in 'ner Pizzeria, um das Argentinenspiel gegen Südkorea zu sehen. Es war krass mitzuerleben, wie der ganze Laden bei jeder noch so kleinsten Torchance der Argentinier auf den Beinen stand... und wenn dann ein Tor gefallen war, sah man, wie die Leute auf den Stühlen und Tischen standen, wildfremde Männer lagen sich jubelnd in den Armen und weinten vor Freude - ein Schauspiel! Naja, am Ende gewann Argentinien dann 4:1. Ein anderes kurzes Beispiel zur Fußball-Euphorie der Argentinier: Nachdem die Argentinier das erste Vorrundenspiel 1:0 gegen Nigeria gewonnen hatten, gab es am nächsten Tag in der "La Naciòn" (größte argentinische Tageszeitung, in etwa vergleichbar mit der FAZ oder der ZEIT) einen 18 (!)-seitigen Sportteil, in dem auf 14 Seiten über das überragende Spiel, den großartigen Fußballgott Maradonna und ein Zitat des absoluten Weltklassespielers Messi berichtet wurde. Wenn's um Fußball geht, haben die Argentinier echt 'n Schuss !! Da nimmt der sowieso schon große Nationalstolz noch mal ganz andere Dimensionen an... Wir sind mal gespannt, wie die beiden Spiele morgen aussehen... Sollte Deutschland im Viertelfinale wirklich auf Argentinien treffen, dann "Gnade uns Gott!"

Des Weiteren haben wir letzten Samstag den Geburtstag von Simon gefeiert, was gleichzeitig auch so ein bisschen die letzte große Party war, die wir als WG in unseren vier Wänden geschmissen haben. Geladen war ein buntes Publikum an Voluntären, Kollegen aus den Projekten, Nachbarn und sonstigen Freunden, es quetschten sich gefühlte hndert Leute in unsere vielleicht 70m²-Wohnung. Es wurde ein denkwürdiger Abend mit vielen gemischten Leuten, gemischter Musik, Chili con Carne und viel Alkohol! Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, dachte ich echt ich wäre im falschen Film!!! Ich habe unsere Wohnung noch NIE so dreckig gesehen, der Boden klebte vor Schmutz, auf unserem Wohnzimmerfußboden schwamm eine riesige Bierpfütze, es roch wie in 'ner Kneipe und in unserem Badezimmer ist der Spülkasten kaputt gegangen, sodass alles unter Wasser stand. Zu allem Überfluss klingelte in diesem Moment (um 11 Uhr morgens!) auch noch unsere ältere, etwas spießige Nachbarin von oben und bat mich darum, dass wir doch bitte den Hausflur wischen sollten, der ja nun sehr schmutzig wäre. Außerdem sei sie sehr müde, da sie gerade von der Beerdigung ihrer Mutter käme und am Abend vorher ja wegen der lauten Musik nicht richtig hatte schlafen können... Ich war in diesem Moment einfach so peinlich berührt und mir tat es für die arme Frau soooo entsetzlich leid, dass ich mich tausendmal auf noch-halb-verschlafenem, gestammeltem Spanisch bei ihr entschuldigte und versprach, den Hausflur zu putzen. Zum Glück hatten wir ein paar Übernachtungsgäste, die uns danach trotz heftigster Katerstimmung beim Aufräumen und putzen der Wohnung halfen. Insegsamt verwendeten wir einen kompletten 5 Liter-Kanister chlorhaltiges Putzmittel, um den Boden (und den Hausflur!) zu wischen... Starker Abend (und noch stärkerer Morgen) war das!

Einen Tag später fuhren wir dann alle zusammen auf das Abschlussseminar der IERP nach Baradero. Dort trafen dann das erste mal seit dem Anfangsseminar ALLE 41 Voluntäre aufeinander. Es war sehr schön, alle wiederzusehen und zu gucken, wie sich die anderen in dem Jahr entwickelt haben. Insgesamt verlebten wir fünf tolle, intensive Tage miteinander, die geprägt waren von Fußball gucken, reden, Erfahrungen austauschen, Reflexion und Vorbereitung auf die ersten Schritte in Deutschland. Und obwohl man sich natürlich auch so schon viele Gedanken über den Abschied und die Rückkehr macht, war es trotzdem gut, sich im Rahmen der Seminararbeit darüber klar zu werden, was einen erwartet. Insgesamt habe ich das Gefühl, auf dem Seminar meine Gedanken und Gefühle diesbezüglich etwas sortiert zu haben. Besonders hinsichtlich der Freundschaften, Erfahrungen und Ansichten, die ich in dem Jahr gewonnen habe und die ich mit nach Deutschland nehmen will. Am letzten Abend wurde dann (mal wieder) ordentlich gefeiert. Abschiedsgeschenke wurden überreicht, ein bisschen Impro-Theater gespielt, getanzt und Glühwein in Massen getrunken. Am nächsten Morgen sind dann alle für die letzte Etappe in ihre jeweiligen Projekte zurückgefahren, um die letzten Wochen noch mal voll und ganz zu nutzen.

Fotos von den ganzen Festivitäten gibt's natürlich wieder im neuen Album zu sehen.
un abrazo
eure Merle